Seelen-Wärmung zur Friedensnobelpreisverleihung 2024
Im Oktober 2024 wurde die Auswahl des Friedensnobelpreises verkündet an die japanische Hibakusha-Vertretungs-Organisation Nihon Hidankyo ("Japan Confederation of Atomic and Hydrogen Bomb Sufferers Organisations"). Sogleich beschlossen wir in unserer Frankfurter pax christi Ortsgruppe, dann den Tag der Menschenrechte (10.12.), also den Tag der Preisverleihung in Oslo, nicht der Beliebigkeit der Medien zu überlassen, sondern mit einer Mahnwache auf die Wichtigkeit hinzuweisen. Von über 250 Vorschlägen war ja gerade diese Organisation - nach nun 68 Jahren ihrer Arbeit - ausgewählt worden, weil die Gefahr eines Atomkriegs seit der Kuba-Krise (1962) nicht so bedrohlich vorangetrieben worden ist wie in der letzten Zeit.
Ordnungsamtsgemäß angemeldet standen wir vor dem Dom unter unserem großen ICAN-Banner mit der klaren Forderung, dass Deutschland endlich (nach den nun fast vier Jahren in Kraft) dem Atomwaffenverbotsvertrag beitrete.
Darauf sieht man auch einen deutlich gezeichneten Origami-Kranich, das jahrzehnte-alte Symbol der japanischen Atomkriegs-Überwindungs-Bewegung und seit den 80'er Jahren ja auch in Deutschland landauf landab verbreitet. Dieser bot uns Gelegenheit, den Passant:innen jeweils einen Falt-Kranich zu schenken und auf diese Forderung der Atombomben-Überlebenden, an diesem Tag in Oslo ausgezeichnet und für ihre unermüdliche Arbeit geehrt, hinzuweisen. Zu siebt
konnten wir das Stündlein vor dem Dom ausgiebig auskosten. Die bunten Kraniche (die etwa 100 Stück reichten gerade gut aus) gaben all dem - eigentlich so Bitteren - eine versöhnliche Note. Manche Gespräche waren dann doch mühsam, und in der feuchten Kälte hatten wir nicht alle gleich genügend Geduld, um auf Gegenargumente einzugehen. Zugleich aber war mein Eindruck, dass die positiven Reaktionen bei weitem überwogen.
Eine Schüler:innen-Gruppe kam aufmerksam angehüpft mit der Frage, gegen was wir denn nun protestieren würden....Unserem Hinweis, dass wir da stehen, um für den Frieden einzutreten, hörten sie aufmerksam zu, erfuhren dann vieles zur Atomkriegsgefahr, hörten - vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben - von den Städten Hiroshima und Nagasaki und nahmen dankbar aus unseren Körbchen die Kraniche an sich... gerne auch noch einen "für meine Schwester". Zwei Japanerinnen, die von der Preisverleihung erfahren hatten, waren hoch erfreut über uns, meinten aber, wir sollten den Kranich lieber einem Deutschen schenken, sie selber hätten schließlich genug. Ein älterer Herr berichtete von seinem Besuch in Hiroshima. Seine Kinder hätten ihn darauf hingewiesen, wenn er das in seinen zwei Japan-Wochen verpasse, bliebe es eine krasse Bildungslücke. Allerdings habe er bei seinem Besuch im Oktober am Opfer-Denkmal in Hiroshima keine einzige bunte Kranich-Kette entdecken können. Auch von Sadako Sasaki habe er noch nichts gehört. An dieses Kind, das den Atombombenabwurf zweijährig überlebte, dann aber als junges Mädchen von einer Leukämie unaufhaltsam niedergestreckt wurde, erinnern in Japan viele Kinder, und auch auf deutsch gibt es mehrere sehr eindrucksvolle Bücher mit ihrer berührenden Geschichte. Am meisten hat mich ein junges Pärchen bewegt: mit großem, sehr wohlwollendem Interesse hörten sie sich (auf englisch) alles zu der Preisverleihung und zum Atomwaffenverbotsvertrag an, beide aus den USA stammend. Beim Weggehen sagte dann der junge Mann, dass er für den Frieden beten werde, der wirklich kommen wird, auch wenn wir selber das vielleicht nicht erleben, aber er wird kommen!
Der Standort zwischen Dom und Haus am Dom hatte sich für unsere Gruppe ja schon im Oktober zum Tag der Gewaltfreiheit bewährt - viele Menschen gehen dort vorüber, aber längst nicht so viele überhektisch Eilende wie an anderen Stellen in der Innenstadt; die allermeisten ließen sich gerne aufs Angesprochen-Werden ein.
Trotz vielfältiger rechtzeitiger Werbungen für dieses Stündchen (von 14:30 bis 15:30 Uhr) in ganz verschiedenen Zusammenhängen waren wir nur zu siebt, dank einer extra aus Darmstadt hierfür angereisten Freundin und dank zweier sehr aktiver Mitglieder aus der hisiegen DFG-VK-Ortsgruppe. Auch sie griffen jede Gelegenheit auf, um dieser not-wendigen Forderung nach Deeskalation Gewicht zu verleihen - auch mittels der Bitten um Unterschrift unter den noch sehr neuen "Berliner Appell - Wir sagen Nein zur Aufstellung neuer US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland". So hatten wir alle Hände voll zu tun - im Wortsinne - für Kranich-Körbchen, pace-Fahne, Unterschriftenliste.
Die überaus magere Berichterstattung anderntags in den Print-Medien gab uns Recht, auf dieses not-wendige Ereignis wenigstens einige Menschen freundlich hingewiesen zu haben. Reden und Interviews zur Preisverleihung in Oslo kann man auf nobelprize.org nachhören. Bundesweit hat die DFG-VK bereits begonnen, die Arbeit zur Atomkriegsgefahr-Überwindung mit Blick auf den 80. Jahrestag (2025) mit zahllosen Kranichen auszuschmücken. Pax christi hält sich auch da bereit.
Für die pax christi Gruppe FFM, Gisa Luu, 13.12.2024