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„Sie sagen: Friede, Friede – und es ist kein Friede!“ Ökumenischer Gottesdienst an Buß- und Bettag in Bingen-Büdesheim

Regionaler Abschluss der diesjährigen Aktion Wanderfriedenskerze. Gedenken an die Opfer deutscher Rüstungsexporte

Leo, Tiger, Marder, Wiese, Gepard, Luchs – hinter all diesen Tiernamen verbergen sich Waffensysteme deutscher Hersteller. Tödliche Waffen werden mit Tiernamen bedacht.  Sprache schafft Wirklichkeit. Waffen und Gewalt sind jedoch keine schöne Wirklichkeit. Darum werden sie unter anderem durch Verniedlichungen schön geredet. Diese Taktik ist uralt. Schon der Prophet Jeremia in der Bibel stöhne über das Unrecht, das die Regierenden seiner Zeit schafften, mit den Worten: „Sie sagen: Friede, Friede, und es ist kein Friede.“ (Jer 8,11)

Mit der diesjährigen Aktion Wanderfriedenskerze wollten die Veranstalter die Heuchelei im Umgang mit deutscher Waffenproduktion hinweisen, auf  einen Stopp deutscher Waffenlieferungen dringen und für die Opfer deutscher Rüstungsexporte beten.

Die Katholische Pfarrei St. Aureus und Justina und die Evangelische Christuskirche Bingen-Büdesheim luden am Buß- und Bettag, 21. November 2018, zu einem ökumenischen Gottesdienst ein, der auch den regionalen Abschluss der Aktion Wanderfriedenskerze bildete.

Nach einer Station in der Kath. Pfarrkirche wurde die Wanderfriedenskerze in einer Prozession zur Evang. Christuskirche getragen, wo der ökumenische Gottesdienst mit dem Motto „Sie sagen: Friede, Friede – und es ist kein Friede!“ gefeiert wurde.

Anja Janßen und Petra Roßkopf aus Büdesheim hatten die rheinhessische Friedenskerze gestaltet und erklärten, was sie sich dabei gedacht hatten:

„Unfriede fängt schon im Kleinen an.

Wir kennen den Nachbarschaftskrieg über den Grenzzaun.

Den Kleinkrieg innerhalb der Familie.

Mobbing, eine Form von Krieg auf der Arbeit und in der Schule.

Glaubenskrieg, - wer glaubt an den richtigen Gott?

Krieg in der Politik zwischen den Parteien.

Man könnte die Liste bestimmt noch erweitern.

Um wirklichen Frieden, auch für uns selbst, bitten wir.

Um ihn zu finden, müssen wir manchmal die Perspektive wechseln. So wie wir bei dieser Kerze die Perspektive wechseln müssen, um das Ganze zu sehen.“

Im Zentrum des Gottesdienstes stand ein Gespräch zwischen „Tiger“, „Leopard“, „Friedenstaube“ und einem Flüchtling aus dem Iran. Marder, Wiesel, Gepard, Luchs, Biber – das sind alles Tiere und das sind alles auch Namen für Waffen aus Deutschland. Die Panzer Puma und Leopard werden heute in Kassel von der Firma KraussMaffei- Wegmann zusammengebaut. Der iranische Flüchtling schilderte, dass im Iran Waffensysteme mit Koranversen benannt werden.

Die Gläubigen wurden eingeladen, zum Gedenken an die Opfer deutscher Rüstungsexporte eine kleine Kerze an der Wanderfriedenskerze anzuzünden. Anschließend wurden Fürbitten gesprochen, in denen die Empörung über menschenverachtende Exporte zum Ausdruck kam, in denen aber auch die Trauer um unschuldige Opfer von Krieg und Gewalt zur Sprache kam sowie die Hoffnung auf ein friedlicheres Zusammenleben der Menschen verschiedenster Herkunft.

Im Anschluss an den Gottesdienst waren alle Teilnehmenden zum Gespräch bei  Tee und Gebäck eingeladen. Die Kollekte wurde für die ökumenische Aktion „Ohne Rüstung Leben“ gesammelt.

Zum Hintergrund:

Die Wanderfriedenskerze war seit September in Rheinhessen an zahlreichen Orten unterwegs in Pfarreien und Kirchengemeinden, Kindergärten, bei Friedensgebeten, in Schulen. Mit diesem Symbol sollte der Opfer deutscher Rüstungsexporte gedacht und der Sehnsucht nach Frieden in dieser Welt Raum gegeben werden.

Neben der Kerze in Rheinhessen waren acht weitere Kerzen im Gebiet der Diözesen Limburg und Mainz bzw. der EKHN unterwegs. Initiiert wurde die Aktion Wanderfriedenskerze im Jahr 2002 durch pax christi.