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Deutsche Waffen in alle Welt - Wieso wir ein Rüstungsexportkontrollgesetz brauchen

Engagiert gegen Rüstungsexporte

Zum Auftakt einer dreiteiligen Reihe friedenspolitischer Diskussionsabende fand am 26. Mai eine Diskussion rund um ein mögliches Rüstungsexportkontrollgesetz statt. Einen Nachbericht sowie die Möglichkeit sich die Veranstaltung in voller Länge anzusehen finden Sie hier.

Die Bundesregierung sagt sie betreibe eine restriktive Rüstungsexportpolitik, und doch ist Deutschland einer der größten Waffenexporteure weltweit. Rüstungsexportentscheidungen sind von Intransparenz geprägt und ein Urteil des Bundesgerichtshofs gegen Heckler&Koch macht deutlich, dass die aktuellen gesetzlichen Regelungen unzureichend sind. Kein Wunder, dass auf dem Podium am 26. Mai alle Vertreter:innen Handlungsbedarf sahen, und so wurde es ein interessanter Auftaktabend zu einer dreiteiligen Reihe friedenspolitischer Diskussionsrunden im Vorfeld der Bundestagswahl.
„Deutsche Waffen in alle Welt – Wieso wir ein Rüstungsexportkontrollgesetz brauchen“ – unter diesem Titel steht die Diskussion des Abends. Greenpeace hat vergangenes Jahr einen vollumfänglich ausgearbeiteten Entwurf für solch ein Gesetz vorgelegt. Auf dem Podium nehmen dazu Karl-Heinz Brunner (SPD), Katja Leikert (CDU), Katja Keul (Die Grünen), Sevim Dagedelen (Die Linke) sowie Jürgen Grässlin (DFG-VK) Stellung. Grässlin führt eine Vielzahl von Fakten und Statistiken auf, verweist auf den Anstieg deutscher Exporte in den vergangenen Jahren und sagt: „Die Exportkontrolle versagt auf ganzer Linie!“ Er legt die Eckpunkte dar, die ein Gesetz aus seiner Sicht enthalten müsse: Ein vollständiges Exportverbot von Kleinwaffen, eine Aufhebung der Privilegierung von NATO-Staaten und ein Ende der Unterscheidung von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern sind drei Punkte unter vielen. Brunner hält die deutsche Politik für verantwortungsvoll und bemängelt, dass Grässlin ein Zerrbild zeichne. Auch Brunner hält ein Gesetz für richtig. Dieses müsse Rechtssicherheit für alle Beteiligten schaffen, dürfe aber nicht dazu führen, dass Deutschland überhaupt keine Waffen mehr liefere. Von einem Verbandsklagerecht – ein weiterer von Grässlin benannter Kernpunkt – hält er „sehr wenig“. Keul kritisiert die mangelnde Verbindlichkeit der aktuellen Regeln, die „auf dem Papier gut“ seien, unterstützt die Idee eines Gesetzes ebenfalls und befürwortet ein Verbandsklagerecht. Leikert sieht Rüstungsexporte als Teil eines „außenpolitischen Instrumentenkastens“, der notwendig sei, da diplomatische Mittel auch an Grenzen stießen. An der Vorlage von Greenpeace kritisiert sie die darin vorgesehene Aufhebung der Privilegierung von NATO-Staaten beim Export und befürchtet Probleme bei der Erfüllung von Bündnisverpflichtungen. Ein Verbandsklagerecht hält sie im Bereich Rüstungsexporte nicht für sinnvoll. Sevim Dagdelen sieht den Greenpeace-Entwurf als Schritt in die richtige Richtung, der aber hinter den Forderungen der Linken zurückbleibe, die ein vollständiges Exportverbot fordere. Denn dies sei das einzige wirksame Mittel gegen ausufernde deutsche Waffenexporte. Sie stellt aber auch klar: „An der Linken würde der Entwurf nicht scheitern.“ Ein gewichtiges Argument führt Dagdelen noch ins Feld: „Zwei Drittel der Bevölkerung möchten einen generellen Stopp aller Rüstungsexporte.“
Auch das Urteil des Bundesgerichtshofs gegen Heckler&Koch ist Thema an diesem Abend. Als Fragesteller aus dem Publikum zeigt Anwalt Holger Rothbauer den Skandal auf, dass die Geschäftsleitung der Firma straffrei davon kam, während unter anderem eine Sekretärin verurteilt wurde. Die Akteure auf dem Podium sind sich diesbezüglich einig, dass dieser unhaltbare Zustand geändert werden müsse. Die mögliche Lösung: Das Erschleichen einer Exportgenehmigung müsse auch nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz strafbewehrt sein, was aktuell nicht der Fall ist.
Immer wieder wird in der Diskussion das Problem mangelnder Verbindlichkeit von Regeln benannt, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene. Dazu Grässlin: „Ein nationales Gesetz wäre ein guter Schritt und ein wichtiges Signal.“
In der Abschlussrunde wünschen sich Leikert und Brunner für die Zukunft eine kohärente Außen- und Sicherheitspolitik. Leikert sagt auch: „Wir müssen unserer klaren Linie mit Blick auf die Menschenrechte stärker gerecht werden.“ Dagedelen betont noch einmal die Forderung nach einem vollständigen Waffenexportverbot und sagt: „Die aktuelle Politik ist sicherheitspolitisch und moralisch nicht vertretbar.“ Keul richtet den Blick auf die Realität und möchte ein Gesetz vorlegen, das umsetzbar sei und Kriegswaffenexporte in Drittstaaten einschränke: „Mir ist wichtig, dass sich tatsächlich etwas ändert.“

Grässlin macht zum Abschluss das Feld nochmal weit: „Die Welt ist übermilitarisiert. Wir brauchen dieses Geld für Bildung und Nahrung.“ Versöhnlich gibt er den Politiker:innen mit auf den Weg: „Unsere Zielsetzung ist eigentlich sehr ähnlich.“


Die Diskussionsveranstaltung zum Thema Rüstungsexporte können Sie in voller Länge hier ansehen.

Im Juli und August folgen Diskussionsrunden zu den Themen Asyl- und Migrationspolitik und dem Atomwaffenverbotsvertrag.
Alle Informationen dazu finden Sie unter www.pax-christi.de und in diesem Folder.