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Offener Brief gegen Waffenlieferungen an die Ukraine

pax christi und weitere 16 Organisationen fordern die Bundesregierung in einem Offenen Brief auf, ihren Kurs in der Ukraine-Krise zu halten und keine Waffen in den Konflikt zu liefern. Hier finden Sie den Brief im Wortlaut.

Offener Brief/ Waffenlieferungen an die Ukraine
Berlin, 17.2.2022


Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
sehr geehrte Frau Bundesministerin des Auswärtigen,
sehr geehrter Herr Bundesminister der Finanzen,

wir begrüßen, dass die Bundesregierung trotz lauter werdender Forderungen Waffenlieferungen an die Ukraine weiterhin konsequent ablehnt. Wir teilen die zuletzt von Ihnen, Herr Bundeskanzler, nochmals bekräftigte Sicht, dass Deutschland keine Waffen in Krisengebiete liefern sollte.

Die Entwicklungen der letzten Monate haben dazu geführt, dass die Sorgen vor einer direkten militärischen Konfrontation zwischen Russland und der Ukraine stetig zugenommen haben. Vor diesem Hintergrund hat in den letzten Wochen eine öffentliche Diskussion eingesetzt, ob deutsche Waffenlieferungen einen Beitrag zur Beilegung des Konflikts leisten können. Manche Befürworter*innen solcher Lieferungen treibt die Sorge um die territoriale Integrität der Ukraine und das Leben der Menschen dort um. Andere Befürworter*innen hingegen haben ein erkennbares Interesse daran, dass die Bundesrepublik über solche Waffenlieferungen deutlich stärker Partei im russisch-ukrainischen Konflikt ergreift.

Auch die unterzeichnenden Organisationen verfolgen mit großer Sorge die gegenwärtigen Entwicklungen. Wir sind aber überzeugt, dass Deutschland mit seiner Verankerung im Westen und zugleich besonderen Beziehungen zu Russland einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der aktuellen Krise mit Diplomatie, nicht aber mit Lieferung von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern leisten kann. Die Ukraine hat seit 2014 militärische Ausrüstung im Wert von mehreren Milliarden Euro von verschiedenen Nato-Staaten erhalten. De facto konnte durch diese Aufrüstung die Zuspitzung der Krise in den letzten Monaten nicht verhindert werden. Der Einstieg in diese gescheiterte Strategie – sprich die Lieferung von Kriegswaffen auch aus Deutschland – wäre somit ein vollkommen falsches Signal. Sicher ist zudem, dass ein solcher Schritt das Gespräch mit der russischen Führung erheblich belasten würde, und somit ein klar erkennbarer diplomatischer Nachteil bilanziert werden müsste.

Dies gilt auch für sogenannte “Defensivwaffen”, deren Lieferung immer wieder gefordert wird. Darin, dass eine Unterscheidung zwischen Waffen defensiver und offensiver Natur militärisch nicht begründbar ist, sind sich Beobachter wie der Ex-Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat (HR2 – „Der Tag“: „Helme statt Waffen – Deutsche
Rüstungsexporte“, 2.2.2022), und die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages (Kurzinformation Wissenschaftliche Dienste: „Exportrestriktionen für „defensive“ und
„offensive“ Waffen“, 6.9.2019) mit uns und vielen anderen einig. Anders gesagt: Es gibt keine guten/defensiven Waffen, die man mit besserem Gewissen liefern könnte. Auch
Panzerabwehrwaffen und Luftabwehrsysteme können einen Konflikt eskalieren lassen. Dies dürfte auch den meisten der Personen bewusst sein, die solche Lieferungen fordern.

Deutschland hat bisher keine Waffen an die Ukraine geliefert und damit den Grundsätzen für eine restriktive Rüstungsexportpolitik in diesem Fall entsprochen. Wir teilen Ihre Bewertung, dass sich eine weitere Zuspitzung des Konflikts nur durch diplomatische Mittel verhindern lässt. Vor diesem Hintergrund appellieren wir an Sie, an Ihrer Position festzuhalten, diese konsequent weiterzuverfolgen und keine deutschen Rüstungsgüter in Konfliktregionen wie die Ukraine zu liefern.

Unsere Unterstützung und die einer großen Mehrheit der Bevölkerung dafür haben Sie.


Mit freundlichen Grüßen