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Nicht vom Hass bestimmen lassen

Bericht vom pax christi-Gottesdienst zum Weltfriedenstag mit Bischof Peter Kohlgraf von Julia Hoffmann (Pressestelle des Erzbistum Mainz)

Worms. „Wovon lassen wir unser Herz bestimmen? Vielleicht ist es ein Akt der Freiheit, zu sagen: Wir lassen es nicht von Hass bestimmen“, sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf in seiner Predigt anlässlich des Weltfriedenstages und des 75-jährigen Jubiläums von Pax Christi International in Worms. Kohlgraf ist Präsident der deutschen Sektion von Pax Christi.

„Wir werden euch nie vergeben.“ Mit dieser Aussage begann Bischof Kohlgraf seine Predigt. Dieser Satz sei in letzter Zeit von Menschen aus der Ukraine zu lesen, sagte Kohlgraf. Moralisch habe er diese Aussage angesichts der vom Krieg betroffenen Menschen nicht zu werten, sagte er. „Natürlich gibt es keinen Anspruch auf Vergebung angesichts unbeschreiblicher Kriegsverbrechen, besonders gegen die Zivilbevölkerung und die zivile Infrastruktur eines Landes. Und dennoch lässt mich eine solche Aussage erschaudern“, räumte er ein. Denn, so fragte er: „Wie soll dann die Welt in den nächsten Jahrzehnten gestaltet werden, wie kann es eine Zukunft geben?“

Die Situation in der Ukraine stehe im Moment besonders im Fokus der Aufmerksamkeit. Bischof Kohlgraf erinnerte daran, dass es noch weitere Kriegsherde gebe. „An viele haben wir uns gewöhnt“, sagte Kohlgraf. Papst Franziskus habe vor Diplomaten in Rom jüngst von einem dritten Weltkrieg gesprochen. „Die Lage ist mehr als ernst“, mahnte der Bischof. Überall auf der Welt könne das Motto gelten: „Wir werden euch nie vergeben.“ Jedoch bei allem Verständnis, sagte Kohlgraf: „Ein Erschaudern bleibt“.

Frieden als Folge von Gerechtigkeit

Kohlgraf betonte, vom Evangelium her sei dauerhafter Frieden „immer eine Folge von Gerechtigkeit.“ Vergebung bedeute nicht, den Mantel des Schweigens über Verbrechen zu decken, sondern Gerechtigkeit herzustellen. „Vergebung heißt nicht Vertuschung oder Ignoranz“, stellte Kohlgraf klar. Gleichzeitig nannte er Beispiele für die Kraft der Vergebung. Etwa die Opfer der Apartheid in Südafrika. „Vergebung zu schenken stellt Desmond Tutu als Ausdruck höchster Freiheit und menschlicher Stärke dar“, erläuterte Kohlgraf. Dabei könne man Vergebung nicht einfordern. Es gebe auch Menschen, die noch nicht oder gar nicht vergeben könnten. „Christliche Verkündigung wäre hier schlecht beraten, Vergebung aufgrund moralischen Drucks oder aus einer bestimmten Frömmigkeitshaltung heraus zu fordern“, sagte Kohlgraf. Vielmehr sei der Verzicht auf Rache und Hass „ein starker Schritt in eine versöhnte Zukunft.“

Kohlgraf erinnerte an die Ursprünge von Pax Christi und an die Geschichte der Versöhnung zwischen Franzosen und Deutschen und zwischen Polen und Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. „Was wäre entstanden, wenn sie gesagt hätten: ‚Wir werden euch nie vergeben‘?“, fragte Kohlgraf. Und ergänzte: „Es steht die Frage im Raum: Kann es nicht ein Weg sein, sich das Leben nicht durch den Hass vergiften zu lassen? Ich vermute, dass wir über derartige Fragen in Zukunft werden reden müssen.“ Kohlgraf betonte: „Es wird auch in Zukunft Menschen brauchen, die sich nicht durch Rache und Hass bestimmen lassen, sondern durch das Bemühen um Gerechtigkeit und Versöhnung.“

Festgottesdienst in der Dominikanerkirche

Der Festgottesdienst fand in der Dominikanerkirche St. Paulus in Worms statt. Prior Pater Johannes Zabel begrüßte die Anwesenden, Dekanin Jutta Herbert vom Evangelischen Dekanat Worms Wonnegau lobte in einem Grußwort die gute Zusammenarbeit mit den katholischen Geschwistern im Hinblick auf die Friedensarbeit. Anschließend lud die Pax Christi Regionalgruppe Worms zu einem Empfang im Kreuzgang des Dominikanerklosters ein.

© Bistum Mainz

► Predigt im Wortlaut