Bericht von der Mitgliederversammlung 2024

Komplexität aushalten, aber handlungsfähig bleiben

Komplexität aushalten und handlungsfähig bleiben

Mitgliederversammlung des pax christi Regionalverbandes Rhein-Main in Bingen

 

Zu Beginn der diesjährigen Mitgliederversammlung vom 7. bis zum 8. Juni 2024 versuchten die 30 Teilnehmenden einen neuen, erweiterten Blickwinkel einzunehmen. Ziel der Übung war es, angesichts der vielen gleichzeitig stattfindenden weltweiten und sich gegenseitig verstärkenden Krisen die Realität in Gänze zu sehen. Eingeholt werden sollte dazu vor allem auch die Wahrnehmungen von Menschen aus dem Globalen Süden. Ein spannendes Unternehmen, für das der Vorstand, der die Mitgliederversammlung vorbereitet hatte, zur Eröffnung des Treffens Dr. Boniface Mabanza von der Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika in Heidelberg als Referenten gewonnen hatten. Der aus der Demokratischen Republik Kongo stammende und schon einige Jahrzehnte in Deutschland lebende und arbeitende Mabanza machte anhand zahlreicher Statements von Menschen aus Sub-Sahara-Afrika deutlich, wie eurozentrisch eingeengt häufig unsere Sicht auf die aktuellen multiplen Krisen sind. Boniface Mabanza plädierte eindringlich gegen die Versuchung des Schwarz-weiß-Denkens und der scheinbar einfachen Lösungen: »Bei denen wird die Realität in ihrer Vielfältigkeit oft ausgeblendet, was folgerichtig zu Scheinlösungen führt.« Er warb dafür, möglichst viele Aspekte und Wahrnehmungen zusammenzutragen, um das ganze Bild sehen zu können. Dazu hilft es, Kontakte zu Gruppen und Organisationen aus dem Globalen Süden zu suchen, um auch deren Erfahrungen und Lebensrealitäten einzubeziehen zu können: »Das ermöglicht es, voneinander zu lernen.« Sein Wunsch an pax christi: Die reale Komplexität der Probleme auszuhalten und auf der Basis ihrer Analyse Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln, die für die Mitglieder einer regionalen Friedensorganisation konkret realisierbar sind. Das kann beispielsweise bedeuten, kleine erfolgreiche Geschichten zu sammeln, um der Hoffnungslosigkeit und scheinbaren Aussichtslosigkeit der Bemühungen etwas entgegenzusetzen. Das Ziel und gleichzeitig die Richtschnur des Handelns sollte sein: „Ein gutes Leben für alle!“

Bei der Mitgliederversammlung wurden am zweiten Tag der Versammlung auch auf die Aktivitäten des vergangenen Jahres zurückgeschaut. Bei den Berichten über die vielfältigen Aktivitäten von pax christi Rhein-Main in den letzten Jahren und den folgenden Beratungen über die Herausforderungen der nächsten Jahre wurde deutlich, dass zukünftig wohl ein verstärktes Engagement für Klimagerechtigkeit, Artenvielfalt und eine nachhaltige Lebensweise, aber auch für Demokratie und gegen Rechtsextremismus auf der Agenda des Regionalverbandes stehen werden. Zudem steht angesichts der unterschiedlichen Positionen zur militärischen Unterstützung der Ukraine eine vertiefte Beschäftigung damit an, was die Orientierung an Gewaltfreiheit für pax christi heute bedeutet, und wie die unterschiedlichen Haltungen dazu im Dialog bleiben.

Die Wahlen für die kommende dreijährige Wahlperiode brachten weitgehend eine Bestätigung der bisherigen Vorstandsmitglieder, denen ausdrücklich für ihre intensive ehrenamtliche Arbeit gedankt wurde: Als Co-Vorsitzende und Co-Vorsitzender wurden Susanne Margraf-Epe (Ingelheim) und Thomas Meinhardt (Idstein) wiedergewählt, auch Michael Baunacke (Mainz) als Geistlicher Beirat und Paul Arthen (Vilmar) als Geschäftsführer wurden in ihren Ämtern bestätigt. Als Beisitzerin im Vorstand wurde Beate Denfeld (Bad Homburg) neu in den Vorstand gewählt; Rosemarie Royen (Schwalbach am Taunus), Birgit Wehner (Karben), Alois Bauer (Bingen) und Thomas Wagner (Frankfurt) wurden als Beisitzerinnen und Beisitzer im Vorstand bestätigt.

Christian Enke (Wetzlar), der als „Limburger“ Geistlicher Beirat nicht mehr kandidierte, wurde für sein großes Engagement gedankt. Die Stelle des zweiten Geistlichen Beirats blieb zunächst vakant. Die Versammelten bekräftigten die Hoffnung, sie im nächsten Jahr wieder besetzen zu können.

Ganz herzlich begrüßt wurde die gerade neu eingestellte Friedensreferentin Maria Kissel (75 %-Stelle), die schon vor ihrem Arbeitsbeginn am 24. Juni die Gelegenheit nutzte, auf der Mitgliederversammlung viele Aktive kennenzulernen. Da in den nächsten Tagen die Entscheidung für eine weitere Friedensreferent:in (50 %-Stelle) getroffen werden soll, wird das neue pax christi-Büro in Frankfurt-Rödelheim bald vollständig besetzt sein und gemeinsam mit dem Referent für Frieden und Gerechtigkeit im Bistum Mainz, Christoph Krauss, das dreiköpfige hauptamtlichen Team des Regionalverbandes bilden.

Mit einem sehr anregenden Gottesdienst, den der Geistliche Beirat Michael Baunacke mit den Teilnehmenden feierte, schloss die Mitgliederversammlung 2024.

Fotos: © Rüdiger Grölz