Dieser Satz markiert die absolute Grundlage unser allen Zusammenlebens. Darunter tun wir es nicht! Die Mütter und Väter des Grundgesetzes wussten sehr gut, warum sie das so deutlich gesagt haben. Die Würde DES Menschen! Nicht des Deutschen, einiger weniger – nein, ALLER Menschen! Es gibt keinen Unterschied. Jedem Menschen, allen Menschen, kommt die gleiche Würde zu.
Ich spreche hier für den Diözesanverband Mainz von Pax Christi, die intern. katholische Friedensbewegung.
Als Christ sage ich: Alle Menschen sind Kinder Gottes, und gerade die Armen sind mit Respekt zu behandeln!
Was in Sponsheim geschah, ist ein massiver Anschlag auf diese Würde, ein Anschlag auf die Grundlage unseres Zusammenlebens.
Wer hat dort gelebt? Deutsche und Nichtdeutsche, Saisonarbeiter, Flüchtlinge, in einem armseligen Haus, keine Touristen. Menschen auf der Suche nach Arbeit, nach einer Lebensperspektive, Menschen, die teilhaben wollen am Wohlstand, den die meisten unter uns genießen dürfen. Sie gehören zu den Schwächsten unter uns.
Warum kommen diese Menschen zu uns?
Weil sie nicht mehr dort leben können, wo sie geboren sind, aufgewachsen sind. Die Südeuropäer, die unter der Last einer fatalen Finanzpolitik stöhnen, die Flüchtlinge, die sich ein Leben ohne Krieg, Bomben, Terror wünschen – man muss nur einem dieser Menschen mal zugehört haben, um ein Gespür dafür zu bekommen, was Menschen durchgemacht haben, bevor sie hier ankamen. Dass ausgerechnet einer von ihnen fast zum Mörder wurde, ist erschütternd. Wie tief zerrüttet in seiner Seele muss jemand sein, um 24 Mitmenschen im Schlaf zu attackieren. Und dass niemand in seiner Umgebung wahrnahm, was in ihm vorging, ist alarmierend.
Gottseidank waren die Rettungskräfte schnell zur Stelle, denen mein ganzer Respekt und Dank gilt!
Wir von pax christi wollen eine menschliche Gemeinschaft fördern, wo Konflikte gewaltfrei gelöst werden, soziale Gerechtigkeit lebt, wo es Sicherheit gibt und Täter zur Verantwortung gezogen werden. Wir versuchen, Fluchtursachen zu erkennen und konkret zu helfen.
Fluchtursachen – wir ahnen, dass sie mit uns zu tun haben! Unser Überfluss, unser Energieverbrauch, die niedrigen Lebensmittelpreise, die Verschwendung von Ressourcen – das hat zu tun mit dem Entschluss Hunderttausender, sich genau hierhin aufzumachen. Der von uns mit verursachte Klimawandel führt zu Umweltflüchtlingen, unsere subventionierten Agrarexporte zerstören einheimische Lebensmittelmärkte - etwa in Westafrika. Rüstungsexporte, an denen einige Firmen mit Unterstützung großer Banken sich eine goldene Nase verdienen, tragen den Tod direkt dorthin, von wo Menschen zu uns fliehen. Wir liefern Waffen und ernten Flüchtlinge. Das sind die Zusammenhänge!
Setzen wir uns ein für die Würde der Ärmsten! In Bingen war bisher viel Engagement zu spüren. Halten wir zusammen! Machen wir den Mund auf, wenn es heißt, die wollen ja nur auf unsere Kosten leben. Es stimmt nicht. Die Schatten einer weltweiten Globalisierung, von der wir viel profitiert haben, werden sichtbar. Wir können uns nicht mehr von den Problemen abschotten, die wir mit verursacht haben.
Probleme lassen sich nicht auf die Schnelle lösen. Es braucht Geduld, Empathie. Entscheidend ist die Haltung, in der das geschieht: Die Augen aufmachen, die Dinge wahrnehmen, wie sie sind! Eine Haltung, die JEDEM Menschen seine Würde zurückgibt.
Die Globalisierung der Gleichgültigkeit braucht, wie Papst Franziskus auf Lamepdusa sagte, eine Globalisierung der Solidarität! Fangen wir hier in Bingen damit an. Damit alle gut und menschenwürdig leben können! Damit Bingen bunt und weltoffen bleibt.