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Friedenswege im Vogelsberg zu "Laudato si'"

Bericht und Fotos der Friedenswanderwege 2016

Zum gemeinsamen Wandern trafen sich bekannte und neue Gesichter in Herbstein im Kolping-Feriendorf über Himmelfahrt vom 4. – 8. Mai 2016.

Eine bunt gemischte Gruppe mit 17 Teilnehmenden plus Gäste wanderte bei schönstem Wetter in der frühlingserwachten Natur. Die Tage begannen nach einem reichhaltigen Frühstück mit einem spirituellen Impuls im Bibelpark des Kolping-Feriendorfes. Abends traf sich die Gruppe, um Auszüge aus der Enzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus zu hören und angeregt zu diskutieren.

Neben den Wanderungen zählte der Besuch in der Gemeinschaft Altenschlirf zu den beeindruckenden Begegnungen. Dort arbeiten  Menschen mit Behinderung in verschiedenen handwerklichen Werkstätten und leben zusammen in Gemeinschaft. Die letzte Begegnung führte die Gruppe nach Gelnhausen, wo Mitglieder dortigen pax christi Basisgruppe zu einer Stadtbesichtigung mit anschließendem Picknick im Stadtgarten eingeladen hatten.

Die Teilnehmenden zeigten sich abschließend sehr zufrieden, vom schönen Wetter, den Wanderungen bis zu den spirituellen Themen. Einen ausführlichen Bericht von einem erstmals Mitwandernden lesen Sie weiter unten und als pdf nebst weiteren Fotos unter <link aktivitaeten friedenswege>

pax-christi.de/aktivitaeten/friedenswege

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Wandertage von  Pax Christi an Christi Himmelfahrt

Ein paar Tage vor der Anreise zum Kolping-Feriendorf Herbstein kamen mir Zweifel. Drei ganze und zwei halbe Tage (vom 4.- 8. Mai 2016) mit einer mir fast völlig fremden Gruppe verbringen? Das könnte vielleicht auch langweilig werden. Glücklicherweise war es alles andere als das! Das Programm kündete Wanderungen am Vogelsberg tagsüber und abends Diskussionen zur Enzyklika Laudato Si´ an. Die Enzyklika spricht aktuelle gesellschaftspolitische Themen an – Ökologie / Umweltschutz und Verteilungsgerechtigkeit / Armut - und geht vor allem auf die Verbindungslinien von weltweiten ökologischen und sozialen Problemen ein.

 

Die drei Wanderungen erwiesen sich als durchaus anstrengend, aber auch voller neuer  Eindrücke. Die frühsommerliche Natur des Vogelsbergs war ein willkommener Kontrast zum zurückliegenden Winter und die erste Wanderung ließ schon so etwas wie ein Gruppengefühl aufkommen. Ein Highlight war am zweiten Tag der Besuch bei einer anthroposophischen Gemeinschaft in Altenschlirf. Die Einrichtung ist eine Lebensgemeinschaft von behinderten und nicht-behinderten Menschen, die in der Landwirtschaft, in Werkstätten, einer Bäckerei und einer Molkerei arbeiten und die selbst produzierten Güter vor Ort verkaufen. Ein gutes Beispiel für die praktische Integration von nachhaltigem Lebensstil und sozialer Verantwortung.

 

Die erste Diskussionsrunde zur Enzyklika, konzentrierte sich auf Kapitel 2 „Das Evangelium von der Schöpfung“. Hier legt Papst Franziskus die theologische Basis der Enzyklika. Die Gespräche und Workshops drehten sich um die zentralen Aussagen des Papstes, dass auch der Mensch nur ein Teil der Schöpfung und letztlich hier nur Gast sei und kein absolutes Eigentum an der Erde habe; dass die Menschen Verantwortung für die Erhaltung der Schöpfung in einem ökologischen Sinn haben, aber genauso sich für die Beseitigung weltweiter sozialer Ungerechtigkeiten, insbesondere der sehr ungleichen Verteilung von Lebenschancen einsetzen sollen; dass die Erde allen Menschen gehöre, niemand von ihrer Nutzung ausgeschlossen werden dürfe und dass gerade die reicheren Menschen in den Industrieländern eine größere Verantwortung für die Lösung der weltweiten Probleme hätten.

 

An den beiden folgenden Abenden wurde über das vierte („Eine ganzheitliche Ökologie“) und das sechste Kapitel der Enzyklika („Ökologische Erziehung und Spiritualität“) diskutiert. Zwei Themenkomplexe standen im Mittelpunkt: Erstens die Erhaltung einer ausgewogenen Ökologie, aber in dem umfassenden Sinn der Enzyklika, dass die Lebensbedingungen von Menschen, Völkern und Kulturen sowie von Tieren und Pflanzen zu bewahren und zu verbessern seien. Unsere Diskussion beschäftigte sich mit den nicht selten gewaltreichen Beziehungen zwischen Kulturen sowie möglichen Konflikten zwischen kulturellen und religiösen Werten und Menschenrechten mit universellem Geltungsanspruch.

 

Der zweite Themenkomplex war der Einfluss von wirtschaftlichem Verhalten auf Gemeinwohl und nachhaltig positive Lebensbedingungen. Wir diskutierten besonders die persönliche Verantwortung durch den eigenen Lebensstil und Konsumgewohnheiten. Die eigenen Entscheidungen für den Kauf (oder Nichtkauf) bestimmter Produkte und die Anlage von Ersparnissen in sozial-ethisch ausgerichteten Anlagevehikeln können durchaus Industrie und Kapitalmärkte beeinflussen. Dies schmälert nicht die Verantwortung der Wirtschaftspolitik bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen (z.B. bei der Entscheidung über Privatisierungen gesellschaftlich wichtiger Güter).

 

Diese wenigen Sätze können leider die Lebhaftigkeit und Dynamik der Diskussionsrunden und Gruppenarbeiten nur unzureichend wiedergeben. Es waren sehr inspirierende Tage!

 

Dr. Michael Schröder