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Grußworte der Frankfurter Stadtdekane zu 15 Jahren Wanderfriedenskerze

Uns haben zahlreiche Grußbotschaften zu 15 Jahren Aktion Wanderfriedenskerze erreicht. An der Feier am 12.11.2016 in Frankfurt Frauenfrieden nahmen der kath. Stadtdekan und die ev. Prodekanin teil und sprachen beide Grußworte, die wir hiermit veröffentlichen.

Grußwort des katholischen Stadtdekans Dr. Johannes zu Eltz

„Suchet der Stadt Bestes“ – das Prophetenwort aus Jeremia ist unseren Grußworten vorgeschrieben. Wenn Christen in Frankfurt unter dem furchtbaren Eindruck der Massenmorde am World Trade Center sich über Konfessionsgrenzen hinweg spontan zum Gebet für die Opfer von Gewalt und Terror verbünden und dies Friedensgebet heute 125 evangelische, freikirchliche und katholische Gruppen in Hessen und Rheinland-Pfalz umfasst, die statt einer Wanderfriedenskerze wie im Herbst 2001 heute acht Friedenskerzen auf Wanderschaft schicken, die in jährlich 200 Friedensgebeten leuchten, dann muss ich „der Stadt Bestes“ nicht lange suchen, sondern habe es in so einer Aktion schon gefunden.

Denn dass Christinnen und Christen für Dank und Bitte, Lob und Klage sich zusammentun und ihre Einheit in Christus finden und wirksam machen und auch sichtbar machen, wofür das Kerzenlicht steht; das Licht, das wir nach einem Wort des Herrn allen leuchten lassen sollen statt einen Eimer darüber zu stülpen; dass also Christen gemeinsam ihr gemeinsames Priesteramt vollziehen und die Welt mit ihren Freuden und Nöten Gott hinhalten, dass Er sie segne und ihr den Frieden erreichbar und erfahrbar mache, den Gott der Welt gebracht hat, als er in sie eintrat – das ist das Beste, was wir tun können; das ist "der Stadt Bestes".

Ich muss also nicht weiter suchen, aber ich kann dem, was ich hier finde, zwei kleine Überlegungen anhaften:

Dass ihre Kerzen wandern von einem Ort zum andern und nicht einfach auf ihren Ständern stille stehen, das gehört ähnlich wie das wieder entdeckte Pilgern zur Peripathese des Glaubens, also zu dem dynamischen Bereich, wo etwas unterwegs ist, im Gang, in der Entwicklung begriffen, noch nicht fertig, noch nicht am Ziel. Die Peripathese fällt uns nicht leicht, die fällt uns buchstäblich schwer, weil wir so viel im Kopf, auf den Schultern, am Herzen, auf der Seele, in Händen und - vor allem! -  an den Füßen haben. Wir sind eigentlich ein „wandernd Volk“, die Erben der Stiftshütte, nicht des Tempels; die Kinder der Wüstenwanderer, nicht der im Lande Israel Angesiedelten und Festgesetzten. Eigentlich sind wir das – die Wirklichkeit sieht anders aus! Unsere Kirchen sind tief gegründete Gebäude, im übertragenen Sinn bestens fundierte  Institutionen, und unsere "Tabernacula" sind gegen den Wortsinn keine leichten Zelte, sondern schwere Tresore. Da ist die Kerze, die auf Wanderschaft geschickt wird, ein wenig bleibt, einigen aufstrahlt und einleuchtet, dann wieder geht, ein gutes kleines Zeichen für die andere Seite! Christus ist ein Fels, aber kein unverrückbarer Fels in der Brandung, sondern "ein Fels, der mitzieht" (1 Kor 10, 4).

Der zweite Gedanke: die Opfer von Gewalt und Terror sind aus christlicher Sicht nicht nur die Getöteten, Verletzten, Geschädigten und ihre Angehörigen, sondern, in Ansehung der Ewigkeit, auch die zum Bösen Verführten, die unseligen Menschen, die sich zu Werkzeugen der Gewalt, zu lebenden Höllenmaschinen machen ließen; und ebenso die, welche die Tiraden des Hasses, die Parolen der Menschenfeindlichkeit aus Dummheit oder, unter Druck, aus Angst und Feigheit nachreden. Täter von Gewalt und Terror, die nur Täter sind und nicht auch Opfer; die nur kompromisslose Ausgrenzung verdienen und nicht auch mit einbeziehende Barmherzigkeit; die nur totgeschwiegen gehören und nicht auch als Menschen betrachtet und benannt, gibt's in meinem Buch eigentlich gar keine – das Böse und der Böse ist nach unserem Glauben ja keiner von uns, kein Mensch, sondern ein "gefallener Engel", also Geist. Ich finde die Selbstgerechtigkeit in der öffentlichen Rede von Tätern und Opfern des Terrors beklemmend.  Wir duplizieren damit unbewusst das Schwarz-Weiß-Denken, das Freund-Feind-Schema der Theoretiker des Terrors und definieren uns auf die Seite der Gerechten, der verletzten Unschuld, und beten oft nur für die Mitgenommenen der eigenen Seite und nicht für die Anderen; nur für die "Guten" und nicht für die "Bösen". Das kann man sehr gut nachempfinden, schon gar einem Betroffenen, aber es ist nicht auf der Höhe der Bergpredigt, der Feldrede bei Lukas; es ist noch nicht jenes "Salz der Erde und Licht der Welt", das tatsächlich nur die Brüder und Schwestern Christi, die Glieder seines Leibes, haben und sind. Ich bitte die Verantwortlichen der Wanderfriedenskerze, diesen Aspekt, etwa wenn Fürbitten verfasst werden, nicht zu vergessen. „Gott hat alle in den Ungehorsam eingeschlossen, um sich aller zu erbarmen“ (Röm 11, 32).

Ich wünsche Ihnen, dass das Licht der Wanderfriedenskerze vielen leuchtet, und danke Ihnen für Ihr Engagement und jetzt auch für die Aufmerksamkeit für meine Worte.



Grußwort der evangelischen Prodekanin Dr. Ursula Schoen

Die Unsichtbaren sichtbar machen, den Sprachlosen eine Stimme geben, Unrecht beim Namen nennen, an den Frieden glauben- das ist eine gute christliche Tradition. Sie ökumenisch zu pflegen, noch besser. Darum: Glückwunsch zu 15 Jahren gelungenem und wachsendem ökumenischem Miteinander im Gebet für Frieden und gegen Gewalt. Ich bringe Grüße als Prodekanin des Evang. Stadtdekanats Frankfurt und als Vorsitzende der ACK Rhein-Main.

Friedensarbeit in Frankfurt – das heißt aktuell: Aufnahme von geflüchteten Menschen, Aufstehen gegen Rassismus und Fremdenhass. Gedenken an die Opfer von Gewalt, -das tun wir zum Beispiel in dem Projekt „Ein Garten für Halabdscha“… Ein geschützter Ort, ein Bild wachsenden Friedens. Versöhnung und Frieden beginnen klein: ein Ruheplatz auf der Flucht, ein Ort zum Ausruhen und zur Kraft kommen. Begegnung, ein Mensch, der auf Augenhöhe ist, ein Mensch, der lächelt. Frieden braucht Zeit und langen Atem: Freiwilligen-Engagement hierzulande ändert sich. Vom Wasser reichen zum Sprachkurs, von der Erstaufnahme zum Weg mit zu Behörden, aufs Amt, auch in die Kirchen.

Kirchen wollen Orte sein, an denen Menschen Ruhe, Heimat und Orientierung finden. Das Kreuz in all unseren Kirchen weist auf den hin, der gesagt hat: Was ihr einem meiner geringsten Schwestern und Brüder getan habt, habt ihr mir getan.“ Das Bild Christi begegnet uns in jedem Menschen. Sei er im Licht, sei sie im Schatten.

Kirchen sind auch Orte, an denen geklagt und Unrecht/ Gewalt/ Sünde beim Namen genannt wird. Ich wünsche der Ökumenischen Aktion Wanderfriedenskerze, dass sie weiterhin das Licht des Friedens gegen das Dunkel von Gewalt und Krieg stellt. –Getragen von der Zusage Jesu: Ich bin das Licht der Welt…“