Nachruf Ignacy Golik

Der pax christi Regionalverband Rhein-Main trauert um Ignacy Golik. Der Überlebende von drei Konzentrationslagern verstarb am 31. August 2022 im Alter von 100 Jahren in Warschau. Der unermüdliche Zeitzeuge war von 2006 bis 2019 insgesamt über 15 Mal zu Gast im Bistum Mainz und im Bistum Limburg.

Ignacy Golik wurde am 19. Januar 1922 in Warschau geboren. Nach dem deutschen Überfall auf Polen und der Besetzung Warschaus engagierte er sich aktiv im polnischen Widerstand. 1941 wurde Ignacy Golik von der Gestapo verhaftet und in das Pawiak-Gefängnis gebracht. Drei Wochen später kam er ins Konzentrationslager Auschwitz. Da Ignacy Deutsch sprach, wurde er im Herbst 1942 dem Kommando SS-Revier, wo das SS-Personal medizinisch versorgt wurde, zur Arbeit zugeteilt. Zwei Jahre später, im November 1944, wurde Ignacy Golik zuerst ins KZ Sachsenhausen und dann nach Ravensbrück-Barth verlegt. Er überlebte den "Todesmarsch" und wurde in der Nähe von Rostock von den sowjetischen Truppen befreit.

Nach der Befreiung kehrte Ignacy Golik in seine Heimatstadt Warschau zurück, studierte Journalistik und arbeitete bis 1998 als Journalist. 1964 sagte er als Zeuge im Frankfurter Auschwitz-Prozess aus.

Jahrelang engagierte sich Ignacy Golik als Zeitzeuge und sprach regelmäßig vor Schulklassen und anderen Gruppen in Deutschland über seine schrecklichen Erlebnisse. Zuletzt trat er im Alter von 97 Jahren vor Schülern im Bistum Mainz bei seinem Besuch 2019 auf. Die Frage, ob er die Deutschen hasst, beantwortete er immer gleich: "Aber wie könnte ich? Viele, mit denen ich in Auschwitz war, waren ja selbst Deutsche." Hass, Verachtung oder Verbitterung hatten in seinem Leben keinen Platz. Viel wichtiger war es ihm, die neue Generation für demokratische Werte zu sensibilisieren. Auf die Frage, was er den jungen Leute mitgeben möchte, sagte er oft: „Halten Sie sich fern von Extremisten!“ Mit seinen detaillierten Erzählungen, bei denen er sich an viele Einzelheiten erinnerte, seinem Humor und seiner Menschenfreundlichkeit beeindruckte er die Schülerinnen und Schüler.

Am 19. Januar 2022 feierte Ignacy Golik seinen 100. Geburtstag. Ein Vertreter des Zeitzeugenteams Mainz überbrachte dem Jubilar in seiner Warschauer Wohnung eine Torte und viele Videobotschaften von Schüler*innen, Lehrer*innen und Mitarbeiter*innen der Zeitzeugenbesuche in den beiden Bistümern. Er wunderte sich: „Dass Sie noch an mich denken!“ In seiner bescheidenen Art hat er sich sehr über die Glückwünsche gefreut.

Im April 2022 wurde er für sein unermüdliches Engagement gegen das Vergessen und für die Versöhnung mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Mit Ignacy Golik ist ein großartiger Mensch von uns gegangen, der viele mit seinem Humor und seiner Lebensfreude begeistern konnte. Sein Lebensmotto war "Lache das Leben an, dann wird es zurücklachen!"

Herr Golik und sein Lachen werden uns sehr fehlen. Wir sind froh und dankbar, dass wir ihm so viele Male begegnen durften. Unsere Gedanken sind bei seiner Frau Zbigniewa Golik und seiner Familie. Wir werden ihn immer in Erinnerung behalten.