Geschichte

Geschichte von pax christi

Am 01. September 2018 schlossen sich die pax christi Diözesanverbände Limburg und Mainz zu

pax christi Rhein-Main – Regionalverband Limburg–Mainz zusammen.

Der Impuls zur pax christi-Bewegung kam aus Frankreich. Pierre-Marie Théas, Bischof von Montauban und später Lourdes, hatte schon 1944 im Kriegsgefangenenlager Compiègne zur Feindesliebe aufgerufen; daraus wurde nach Kriegsende 1945 ein »Gebetskreuzzug für die Versöhnung der Völker». Insbesondere Katholiken aus Deutschland und Frankreich, den langjährigen »Erbfeinden», begegneten sich zu gemeinsamen Friedensgebeten und Friedenswallfahrten, so in Vézélay und Lourdes und 1948 in Kevelaer; dort wurde auch die deutsche pax christi-Sektion gegründet.

Zu Beginn war pax christi keine besonders politische Organisation. Die eigene Position in Kirche und Gesellschaft umschrieb ein Beschluss von 1949 so: »pax christi ist eine Gebetsgemeinschaft, die dem Frieden in der kirchlich gewollten Form dienen will. pax christi ist keine politische Organisation, auch keine pazifistische Bewegung und keine Gemeinschaft von Kriegsdienstverweigerern.« Wichtig war in jenen Jahren die Begleitung der Zeugen bei den Auschwitzprozessen und die Versöhnungsarbeit mit Polen.

Ab den siebziger Jahren änderten sich Profil und Erscheinungsbild von pax christi grundlegend. Junge Leute rückten nach, die über die seit den späten 60ern einsetzende offizielle Beratung und Begleitung von Kriegsdienstverweigerern in Kontakt zu pax christi kamen. Der Mainzer Josef Kolbeck urteilt im Rückblick: »pax christi hat Kriegsdienstverweigerern eine Beheimatung in der Kirche gegeben.»

Einen Durchbruch stellte bei der pax christi-Delegiertenversammlung auf Burg Rothenfels 1981 die strikte Ablehnung der NATO-Nachrüstung dar – zum heftigen Missfallen des mit der CDU verbandelten Verbandskatholizismus und der konservativen Presse in Deutschland. Waren es in den 60ern noch einzelne pax christi-Mitglieder, die sich an Aktionen wie den Ostermärschen beteiligten, so organisierte jetzt pax christi-Limburg Busse zur großen Protestkundgebung von 300 000 Menschen im Bonner Hofgarten. Die Politisierung des früheren »Gebetskreuzzuges» war unumkehrbar geworden.

Die siebziger und achtziger Jahre waren die Zeit der Arbeitsgruppen und der politischen Bildungsarbeit auf Wochenendseminaren. Zugleich kamen auch radikalere Aktionsformen hinzu. Mitglieder von pax christi aus Mainz und Limburg beteiligten sich an symbolischen Blockaden vor Raketen-Stationierungsorten wie Hasselbach im Hunsrück oder dem schwäbischen Mutlangen und nahmen gerichtliche Verurteilungen wegen »zivilen Ungehorsams» in Kauf. In Wiesbaden gelang es 1981, der seit Jahren ohne große Beachtung stattfindenden Rüstungsexportausstellung MEDE phantasievollen öffentlichen Protest entgegenzustellen, bis hin zum symbolischen Menschenteppich vor der Ausstellungshalle. Neue Themen wie Rüstungsexport oder Zivile Friedensdienste kamen hinzu. Auch der Kontakt zu Zeitzeugen des NS-Terrors ging weiter; so kommen verstärkt seit 2001 polnische Überlebende von Ghettos und Konzentrationslagern und sprechen vor jungen Menschen.

Auch die Anfänge als Gebetsbewegung sind nicht vergessen: Seit 1985 finden in Mainz unter starker Beteiligung von pax christi gestalteten Gottesdienste zum Weltfriedenstag statt. Seit 2002 rufen die Limburger und die Mainzer Diözesanstellen von pax christi zur Aktion »Wander-Friedenskerze» auf. hinzu kommen für Routes und Pilgerfahrten zum Beispiel zu Erinnerungsorten der Weltkriege. Der Zusammenhang von Gerechtigkeit und Frieden wird in den letzten Jahren mit neuer Intensität reflektiert. Es bleibt viel zu tun für den 2018 gegründeten pax christi-Regionalverband Rhein-Main.

(Der Text basiert auf einem längeren Beitrag von Lutz Lemhöfer).

 

 

Mitgliedskarte aus den 60er Jahren

Am Anfang stand eine Grenzüberschreitung

Während des zweiten Weltkrieges haben deutsche Soldaten auch Frankreich besetzt und das System des Nationalsozialismus dort installiert. Viele Franzosen gingen damals in den Widerstand, viele resignierten, viele passten sich an. Die Mutigen riskierten Haft, Folter und Tod. Einer von Ihnen war der Bischof Pierre Marie Theas. Er war 1943 von Deutschen inhaftiert worden weil er gegen die Verschleppung von Juden protestiert hatte. Als er 1944 befreit wurde, rief er zur Versöhnung mit den Deutschen auf. In seiner Gefangenschaft forderte er - vor einer Eucharistiefeier - von seinen französischen Mitgefangenen den Deutschen zu verzeihen. "Das Evangelium lässt uns keine andere Wahl." So seine Antwort gegenüber empörten Freunden.

Als im November ein jungen Kapuzinerpater aus englischer Kriegsgefangenschaft entlassen wurde und im Saarland Station machte, bekommt er von einem Freund einen Packen Flugblätter zugesteckt. Ungesehen und in großer Gefahr zu Toilettenpapier zerschnitten zu werden, gelangt der Papierstapel nach München.

Dort entdeckt der junge Mann - es ist Pater Manfred - welchen Schatz er gehoben hat. Die Blätter enthalten Bischof Theas´ Manifest: " Wir wollen beten für die Brüder in Deutschland". Unterschrieben hatten noch weitere 40 französische Bischöfe.

Unfassbar aber fasszinierend: Frieden durch Versöhnung. Es ließ Pater Manfred nie wieder los. Alte Freunde aus seiner Jugenarbeit schreibt er an und versucht seine Begeisterung zu teilen. Er hat Erfolg damit und macht weiter. Er wirbt für eine Friedensbewegung.

Theas ist mitlereweile Bischof von Lourdes  und lädt zu einem Treffen ein mit dem Arbeisttitel: PAX CHRISTI. Manfred macht sich mit 16 Freunden auf den Weg dorthin. Das war 1947.

Ein Jahr später zeigt sich die Wirkung einer zukunftsweisenden Idee. In Kevelaer am Niederrhein findet der erste internationale Pax Christi-Kongress statt. Hautpredner: Manfred Hörhammer.

Die Zeit der Auschwitz-Prozesse

Der Pax Christi Arbeitskreis im Dekanat Königstein hat im Jahre 1967 jüdische und polnische Menschen betreut, die im Frankfurter „Auschwitz-Prozess“ als Zeugen geladen waren.  Hier waren Personen angeklagt,  als Bedienstete in Konzentrationslagern andere Menschen geschunden, gequält und umgebracht zu haben.  Während die Angeklagten z.T. wirklich clevere Anwälte hatten, traten die Zeugen oft eingeschüchtert und mit großen Gedächtnislücken vor Gericht. Gegen ihre Traumata wurde wenig oder gar nichts getan. Oft wurden sie als Lügner bezichtigt  und angeschrien. Die Pax Christi-Leute des Königsteiner Arbeitskreises luden sie zu sich nachhause ein und bereiteten ihnen ein Umfeld in dem sie sich erholen und entspannen konnten, soweit das in Deutschland möglich war. Und eigentlich war man daran interessiert die persönliche Geschichte dieser Leute zu hören und zur Kenntnis zu nehmen. Vergangenheitsbewältigung – ein Wort, das die Elterngeneration davor oft in Weißglut brachte, wurde hier konkret praktiziert. 

Was oft zuhause so harmlos klang – die Erzählungen vom Krieg – auf einmal schockierten sie. Die Perspektive der Opfer.

Eine Person hieß Jan Weiß, auch er war Pole. Er wohnte 6 Wochen bei Freunden im Hause. Die ersten Wochen sprach er praktisch nichts. Kam immer nur „nachhause“ und konnte seine Belastungen nicht offenbaren. Versteinerung. Auch noch nach Jahren. Später bewegte sich etwas.  Er erzählte. Er war Leichenträger in Auschwitz - erzwungenermassen. Und – er musste seinem eigene Vater die Giftspritze verpassen. 

Eine andere Frau – sie sass eines Abends am Abendbrot-Tisch bei anderen Freunden als ich hereinkam, und es war richtig gemütlich. Man war offensichtlich gut gelaunt und hatte schon eine Flasche Wein auf dem Tisch stehen.  Ich interessierte mich für sie und irgendwann, mitten im Gespräch, sagte sie: die haben mir Zementlösung in die Vagina gespritzt. Nur das. Das wars.

Auch heute spüre ich noch wie dieser Satz sich für mich damals anfühlte. Ich war 19 Jahre alt und politisch naiv. Der Zaun um mein Paradiesgärtlein fiel in diesem Augenblick leise um.

Geschichte und Gegenwart im Bistum Mainz

Die Pax Christi Bewegung im Bistum Mainz hat in den 60- iger Jahren begonnen.
Es haben sich mutiger Priester und Laien, Frauen und Männer zusammengefunden, die nach dem 2. Vatikanischen Konzil und verstärkt durch de Friedensenzyklika der Päpste Johannes XXIII. und Paul VI. Frieden und Gerechtigkeit vom Bistum Mainz nach Westen und nach Osten vor allem, nach Ungarn, nach Polen und in die DDR  Die Beschlüsse des 2. Vatikanischen Konzils, die insbesondere im Text von Gaudium et Spes niedergelegt und verbindlich gemacht worden waren, brachten auch einen Paradigmenwechsel in grundlegenden bis dahin geltenden ethisch moralischen Glaubenssätzen unserer Kirche.
So galt die Sorge von Pax Christi im Bistum Mainz auch dem Aufbau von Beratungsdiensten und Einsatzmöglichkeiten für Kriegsdienstverweigerer und Zivildienstleistende und dem Dialog zwischen  diese und Soldaten.
 
Die Pax Christi Bewegung - auch im Bistum Mainz – fand ihre Unterstützung auch in den Empfehlungen der Pastoralsynode von Würzburg, die 1975 zum Abschluss gebracht worden ist.
In den Beschlüssen: „ Der Beitrag der Katholischen Kirche zu Entwicklung und Frieden“  und „Unsere Hoffnung“ waren gesellschaftliche Befindlichkeiten einerseits gut dargestellt und skizziert und die Antwortversuche der Kirche herausgearbeitet.
 
Nachdem zunächst nur eine kleine Gruppe von mutigen Frauen und Männern sich für die innere und äu0ßere Dynamik von Pax Christi im Bistum Mainz einsetzten,
entstanden ab dem Jahr 1975 in vielen Orten in unserem Bistum Mainz Basisgruppen, die an solchen Themen arbeiteten, die aus den regionalen Befindlichkeiten sich ergeben haben.
Das Bistum Mainz gehörte mit seinen Gebietsanteilen in Rheinland-Pfalz und in Hessen zu den Gebieten, in dem sich  viele Stationierungsorte von Bundeswehr und der US Army sich befunden haben, die das Konzept der zugesicherten Zerstörung im Rahmen der NATO Doktrin der Abschreckung mitwirkten und dadurch auch als Bedrohung und Gefahrenpunkte angesehen wurden. Politische Militärplaner aus Ost und West ließen immer wider erkennen, dass ein militärischer Schlagabtausch sich in Gebiet auch des Bistum Mainz ergeben würde.
Dass Pax Christi  mit ihrem Diözesanengagement wie durch die Basisgruppen vor Ort alles unternommen hat, um wenigstens in kirchlichen Kreisen und auch bei einigen politischen Verantwortlichen Gehör für die Radikalität der christlichen Friedens- und Hoffnungsbotschaft und für das Aufhören in Feindschaftszyklen und sauberen Mythen zugesicherter Zerstörung zu denken, war selbstverständlich.
Einen Ausdruck der Zuversicht zur Zusage des Friedens durch die christliche Botschaft hat diese in der jährlichen zentralen Feier des Weltfriedenstages im Bistum Mainz gefunden. Karl Kardinal Lehmann und Pax Christi im Bistum Mainz verständigten sich auf diesen  Weg.
Bis heute zeichnen sich Bistum Mainz und Pax Christi verantwortlich für diese Feier der Weltfriedenstage.
Ein weiterer  Ausdruck für die Unterstützung der Friedensarbeit, wie sie durch Pax Christi im Bistum Mainz geleistet wird,  ist die Gründung des Vereins zur Förderung der Friedensarbeit durch Pax Christi im Bistum Mainz im Jahre 1989 und die Besetzung mit einem Friedensarbeiter und die Unterstützung der Finanzierung durch das Bistum Mainz.
Im Jahre 1993 wurde diese Arbeitsstelle in das Bischöfliche Ordinariat übernommen.